Interview mit Willi Zylajew MdB (CDU):
Willi Zylajew MdB (CDU) Gabi Frechen MdB (SPD) Bürgermeisterkandidat Harald Stutzenberger (BMA) Bürgermeisterkandidatin Maria Pfordt (CDU)
Bürgermeisterkandidat Thomas Roos (Grüne) Bürgermeisterkandidat Ulrich Martin (F.D.P.) Bürgermeisterkandidat Manfred Lipphardt (SPD) Bürgermeisterkandidat Ingo Schaefer (UBB)

    

Wahl-Bergheim:

Lieber Herr Zylajew, vorab erst einmal herzlichen Dank, dass Sie sich unseren Fragen stellen. Trotzdem lassen Sie uns mit einer etwas ketzerischen Frage beginnen. Bei all den Ämtern und Mandaten die Sie inne haben, bleibt Ihnen da überhaupt noch Zeit mal etwas für die Bergheimer Bürger zu tun ?

Willi Zylajew:

Ich finde es ganz wichtig, dass man als Bundestagsabgeordneter in Berlin die Bodenhaftung und die enge Bindung zu seinem Wahlkreis nicht verliert. Als Vorsitzender der CDU-Fraktion im Kreistag bin ich intensiv mit den Problemen der Menschen im ganzen Rhein-Erft-Kreis beschäftigt. Dieses Wissen ermöglicht es mir, auch in Berlin die Interessen des Rhein-Erft-Kreises gut zu vertreten. Umgekehrt erfahre ich im Bundestag frühzeitig, welche Veränderungen sich für die Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Erft-Kreis ergeben und kann meine Arbeit im Kreistag dementsprechend gestalten. Beide Aufgaben ergänzen sich also optimal zugunsten der Menschen in Bergheim und im ganzen Rhein-Erft-Kreis. Außerdem habe ich es von Anfang an so gehalten, dass ich eine Stunde früher aufgestanden bin und mindestens eine Stunde länger als der Durchschnitt gearbeitet habe. Meine robuste Gesundheit hilft mir natürlich auch.

Wahl-Bergheim:

Auf welche aktuellen Themen werden Sie hier aus Ihrem Wahlkreis zur Zeit am meisten angesprochen und können Sie daraus entnehmen, wo die Menschen "der Schuh drückt" ?

Willi Zylajew:

Ich erlebe viele Menschen, die sehr stark verunsichert sind, weil sie nicht wissen, welche Einschnitte und Belastungen bei der Rente oder bei der Kranken- und Pflegeversicherung zukünftig noch auf sie zukommen werden. Für diese Verunsicherung ist die rot-grüne Bundesregierung verantwortlich. Rot-Grün serviert Häppchenweise Reförmchen, von denen jeder weiß, dass sie nicht ausreichen. Viele Menschen werden natürlich auch durch die wirtschaftliche Entwicklung verunsichert. Auf der einen Seite steigt die Arbeitslosigkeit ständig an, auf der anderen Seite kassieren Manager Millionenabfindungen. Das ist kaum zu verstehen und führt zu Frust und Verunsicherung. Ich spreche täglich mit Menschen, die bereit sind, Belastungen zum Beispiel bei der Rente hinzunehmen, wenn Sie sicher sein können, dass dann die eigene Rente und die Rente der Kinder und Enkelkinder gesichert sind. Es braucht aber Mut, ein umfassendes, langfristiges und auch hartes Reformkonzept vorzulegen. Diesen Mut hat Rot-Grün nicht.

Wahl-Bergheim:

Man fragt sich manchmal als Bürger, ob ein Abgeordneter von den vielen verschiedenen Problemen der Gesundheits-, Finanz-, Wirtschafts- bis zur Verteidigungspolitik überhaupt genug verstehen kann. Sind Sie auf irgendeinem Gebiet Experte, haben Sie unter den ganzen Politikfeldern ein "Lieblingsfach" ?

Willi Zylajew:

Wir leben heute in einer so komplexen und spannenden Welt, dass es unmöglich ist, in allen Politikbereichen Experte zu sein. Im Bundestag bin ich Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Deshalb kenne ich mich mit Problemen aus diesem Bereich besonders gut aus. Als Kommunalpolitiker verfolge ich natürlich auch alle Themen intensiv, die für Städte und Gemeinden relevant sind. Die drängenden Probleme wie die hohe Arbeitslosigkeit oder das Finanzloch in den Rentenkassen werden natürlich fast täglich diskutiert, so dass man in diesen Themen fit sein muss.

Wahl-Bergheim:

Sie sind CDA Vertreter, also ein Vertreter des Arbeitnehmerflügels der CDU. Sind Sie deshalb so eine Art Lobbyist ?

Willi Zylajew:

Ich glaube, dass der Begriff Lobbyist sehr unterschiedlich eingesetzt wird. Ich sehe mich in erster Linie als Vertreter der Interessen der Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Erft-Kreises. Wenn Sie so wollen, bin ich also Lobbyist für den Rhein-Erft-Kreis. In der Tat bin ich Mitglied im Bundesvorstand der Christlich-Demokratischen-Arbeitnehmerschaft. Das bedeutet aber nicht, dass ich zu hundert Prozent die Meinung der CDA teile. Eher im Gegenteil: Ich gehöre sicherlich zu den kritischsten CDA-Mitgliedern.

Wahl-Bergheim:

Was hat die mittelständische Wirtschaft hier in der Region von einem "Arbeitnehmervertreter" zu erwarten. Gelingt es Ihnen unparteiisch zu bleiben und auch diese zu unterstützen ?

Willi Zylajew:

Jeder vernünftig denkende Mensch weiß, dass vor allem mittelständische Unternehmen Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Deshalb habe ich auch gegen die rot-grüne Ausbildungsplatzabgabe gekämpft. Stattdessen muss man die derzeitigen Ausbildungsbedingungen überdenken. Ich denke, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gemeinsam Berufsbilder überfrachtet und unter anderem finanzielle Ansprüche in die Höhe getrieben haben. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass die Lebensarbeitszeit verlängert und die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen. Mir kommt es darauf an, vernünftige Vorschläge zu unterstützen, die Menschen wieder in Arbeit bringen und das geht nur mit einer gesunden Wirtschaft. Ob diese Vorschläge von einem Arbeitgeber oder einem Arbeitnehmer kommen, ist für mich unwichtig.

Wahl-Bergheim:

Hier in Bergheim sind sie Teil der Rathauskoalition, in Köln ganz offiziell Koalitionspartner, aber im Kreis, im Land und im Bund sind die Grünen und die CDU politische Gegner. Haben Sie nicht manchmal Angst dabei ein bisschen schizophren zu werden, wie bringen Sie das auf der jeweiligen Ebene Ihrer Tätigkeit unter einen Hut ?

Willi Zylajew:

Ich denke, dass die Parteien jeder Gemeinde, jeder Stadt, jedes Kreises und jedes Landes selbst entscheiden müssen, mit wem sie Koalitionen eingehen. Ich persönlich habe nichts gegen Koalitionen mit den Grünen. Wenn die politischen Ziele die gleichen sind, warum nicht?

Wahl-Bergheim:

Man kennt Sie eigentlich als recht bodenständigen Typ. Haben Sie es schon mal bereut, nach Berlin gegangen zu sein ?

Willi Zylajew:

Mir ist nicht ganz klar, warum man es als bodenständiger Mensch bereuen sollte, im Bundestag mitarbeiten zu dürfen. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich bereue es nicht, im Bundestag in Berlin mitarbeiten zu dürfen. Ich empfinde es als eine große Ehre und eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, die ich sorgsam und verantwortungsbewusst ausfüllen möchte.

Wahl-Bergheim:

Welche Voraussetzungen muss man eigentlich erfüllen, um MdB werden zu können ?

Willi Zylajew:

Ich denke, dass diese Frage immer wieder von Bürgerinnen und Bürgern mit ihrer Wahlentscheidung beantwortet wird. Es kann aber sicherlich nicht schaden, wenn man immer ein offenes Ohr für andere Menschen hat und sich schnell in unterschiedliche und komplizierte Sachverhalte einarbeiten kann.

Wahl-Bergheim:

 Sind Sie immer einer Meinung mit der Bundestagsfraktion oder gehen Sie auch schon mal eigene Wege?

Willi Zylajew:

Natürlich stimme ich nicht immer mit der Mehrheitsmeinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion überein. Ich glaube auch nicht, dass es überhaupt einen Politiker gibt, der immer zu hundert Prozent mit seiner Fraktion oder seiner Partei übereinstimmt. Aber ich stimme meistens mit der Meinung meiner Fraktion überein.

Wahl-Bergheim:

Im Moment ist hier im Kreis überall Krach in der Politik. In Bergheim spaltet sich die BMA von der SPD ab, in Bedburg überprüfen Schiedsgerichte Entscheidungen von SPD und  FDP, in Frechen löst sich die Grünen-Fraktion auf und im Kreistag tritt ein langjähriges CDU-Mitglied aus der Fraktion aus. Fast immer geht es dabei um Personalentscheidungen. Was ist los mit den Politikern ?

Willi Zylajew:

Es steht mir nicht zu, das Verhalten oder die Gründe der beteiligten Personen zu bewerten, ganz gleich, ob sie der eigenen Partei oder der politischen Konkurrenz angehören. Man sollte solche Vorgänge aber auch nicht überbewerten oder zu einer Krise der Parteiendemokratie hochstilisieren. Es ist doch völlig natürlich, dass es in der Politik Streit gibt und dieser in Einzelfällen auch mal heftig wird. Dies ist sicherlich nicht schön, gehört aber dazu.

Wahl-Bergheim:

Hier im Rhein-Erft-Kreis sind noch 1200 Jugendliche auf der Suche nach einer Lehrstelle. Was können Sie ihnen raten, um ihnen Mut für die Zukunft zu geben ?

Willi Zylajew:

Im Mai dieses Jahres waren bei der Bundesagentur für Arbeit 1095 Bewerber gemeldet, die noch eine Lehrstelle suchen. Dem standen 482 offene Ausbildungsplätze gegenüber. Ich hoffe, dass – wie im vergangenen Jahr auch – bis Ende September noch weitere Ausbildungsplätze von den Betrieben im Rhein-Erft-Kreis angeboten werden. Meinen eigenen fünf Kindern habe ich immer geraten, vor allem einen ordentlichen und guten Schulabschluss zu machen. Dies ist der beste Rat, den man Jugendlichen geben kann. Ich weiß aber auch, dass das heute leider nicht immer reicht, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen.

Wahl-Bergheim:

Nennen Sie uns doch bitte drei gute Gründe warum wir zur Europawahl am 13.06.04 gehen sollten !

Willi Zylajew:

1. Im Europäischen Parlament werden viele wichtige Gesetze verabschiedet, die in Deutschland unmittelbar gelten.

2. Andernfalls werden zumindest Leitlinien und Rahmendaten verabschiedet, an die sich Deutschland bei der Ausgestaltung der eigenen Regelungen halten muss.

3. Immer mehr Kompetenzen und Aufgaben werden auf die Ebene der Europäischen Union delegiert werden.

Wahl-Bergheim:

Abschließend noch eine sehr indiskrete Frage, Herr Zylajew. Haben Sie schon unseren Politikertest gemacht und an wen haben Sie dabei gedacht ?

Willi Zylajew:

Als Politiker hört man ähnlich wie Blondinen oder Manta-Fahrer so viele Witze über sich selbst, dass ich bei derartigen Witzen oder Scherzen eigentlich gar nichts mehr denke. Also habe ich auch beim Politikertest an niemanden gedacht.

Wahl-Bergheim:

Vielen Dank für das Interview !